job I/O – Virtual Job Event: Triff IT-Arbeitgeber live am 16.05.2024 14:00 – 18:00. Jetzt kostenlos anmelden!
Unternehmen suchen nach Dir. LASS DICH JETZT FINDEN!
job I/O – Virtual Job Event am 16.05. Jetzt kostenlos anmelden!
 

Diversity im IT-Team

Inklusive Software, barrierefreie Websites und faire KI: In IT-Teams zahlt sich Diversität doppelt aus

Von Jenny Tiesler

 

 

Stell’ Dir vor, Dein Gesicht wird bei der digitalen Passkontrolle am Flughafen nicht erkannt oder Alexa versteht einfach nicht, was Du sagst. Der Grund dafür, dass digitale Anwendungen bei Dir nicht funktionieren: Deine Gesichtsform ist anders, Deine Haut dunkler, Du sprichst kein lupenreines Hochdeutsch oder Du stotterst. Was ist, wenn Deine Bewerbung von einer Künstlichen Intelligenz, die bei der Vorselektion immer öfter zum Einsatz kommt, aussortiert wird, weil Du eine Frau bist? In unserer Vorstellung umgibt KI das Flair, neutral zu urteilen und damit "gerecht" zu sein. An diesen Alltagsbeispielen merkst Du, dass die Forderung nach einer größeren Vielfalt in Unternehmen mehr ist als die Erfüllung von Gleichstellungsvorgaben. Wir zeigen Dir, warum Diversität (Diversity) und gemischte Teams in der IT keine bloßen Buzzwords sind und z.B. in der Software- und KI-Entwicklung eine wichtige Rolle spielen.

Was heißt Diversität?

Klar, Diversität heißt Vielfalt. Auch unsere Arbeitswelt wird immer vielfältiger: Kolleg:innen aus anderen Ländern, Ältere oder Menschen mit Handicap. Knapp 73 % der Frauen in Deutschland arbeiten. Von den Männern sind es insgesamt 80,5 %. Wenn wir einen Blick auf die IT werfen, sieht die Verteilung leider noch anders aus: Mit 17,5 % ist der Frauenanteil sehr niedrig. Dafür liegt der Anteil an ausländischen Teammitgliedern unter den IT-Expert:innen mit knapp 15 % vergleichsweise hoch.

Die Grafik zeigt den prozentualen Anteil erwerbstätiger Frauen und Männer von 2001 bis 2021. 2021 arbeiten 72,1 % der Frauen und 79,4 % der Männer. In der IT liegt der Frauenanteil bei gerade einmal 17,5 %.

Wenn von Diversity die Rede ist, geht es oft um diese beiden Faktoren: Herkunft und Geschlecht. Tatsächlich sind das aber nur zwei Aspekte von Vielfalt.

Lass‘ uns einen Blick darauf werfen, welche Merkmale und Dimensionen es noch gibt, in denen wir uns voneinander unterscheiden und die z.B. für die kleinen KI-basierten Alltagshilfen wichtig sind.

Diversität ist ein Konzept aus der Soziologie, das Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Gruppen oder Menschen wertfrei anerkennt. Mögliche Aufteilungen sind z.B. Alter und Generation, aber auch Lebensentwürfe oder sexuelle Orientierung. 

Die Grafik zeigt eine schematische Darstellung der Dimensionen von Vielfalt. Die Einteilung in Dimensionen ist in Anlehnung an „die Institutionalisierung von Managementkonzepten-Diversity-Management in Deutschland“ von Süß im Jahr 2009 geschehen. Von außen nach innen wird die organisationale Dimension (z. B Arbeitsort), die extern-demografische Dimension (z. B. Familienstand), die demografische Dimension (z. B. Alter) und im Kern die Persönlichkeit (z. B. Denkweisen) genannt.

Diversität ist Teil unseres Alltags. Wir berücksichtigen z.B. bei der Planung des Familienausflugs auch, dass die Oma nicht mehr so weit gehen kann. Ein inklusiver Ansatz wird zum Glück auch in der Arbeitswelt immer größer geschrieben und Unternehmen entwickeln Konzepte, wie sie die Bedürfnisse ihrer Angestellten besser berücksichtigen. Bei Diversity ist also oft das Konzept von Inklusion und Chancengleichheit miteingeschlossen.

Warum ist Diversität in der Softwareentwicklung wichtig?

Vielleicht fragst Du Dich, warum es für Dich als Softwareentwicklerin, Web-Developer oder KI-Experte wichtig ist, die verschiedenen Dimensionen von Vielfalt zu kennen? Als weiße Menschen zwischen 20 und 45 kommen wir prima klar mit der Welt um uns herum. Sprachassistenz und Chatbots erleichtern uns das Leben und wir checken unsere Fitness mit Wearables. Wenn wir nicht im direkten Alltag betroffen sind, fällt es uns schwer, mitzudenken, welche Herausforderungen unsere Umwelt für andere mit sich bringt. Eine Wohnung im 4. Stock? Für uns kein Problem. Für ältere Menschen oder Eltern mit Kleinkindern aber schon. Für die Softwareentwicklung ist genau dieser Perspektivwechsel wichtig. Welche unterschiedlichen Erlebnisse haben die Nutzer:innen bei der Bedienung? Du kannst Dir vorstellen, dass es einen Unterschied macht, wenn eine Gruppe von 20- bis 30-jährigen Männern eine Anwendung entwickeln, als ein Team, dass sich aus Frauen und Männer zwischen 20 und 60 Jahren zusammensetzt? Gemischte Teams bilden die Gruppe der Endanwender:innen besser ab. Unter denen gibt es Menschen Ü50, die technisch weniger versiert sind, die vielleicht die Maus nicht immer punktgenau platzieren können, eine Sehbeeinträchtigung haben oder eine andere Muttersprache. 

Die Diversitätsdimensionen werden im Software Development noch zu wenig berücksichtigt. Vor allem in den Bereichen

  • Sprachassistenz: Eine Studie der Universität Stanford zeigt, dass die Stimmen von männlichen, weißen US-Amerikanern von automatischen Spracherkennungssystemen am besten verstanden werden.

  • Bilderkennung: Immer wieder landen Fälle von rassistischen Einstufungen durch KI wie der Google Cloud Vision API in den Schlagzeilen, in denen z.B. Gegenstände in den Händen von Menschen mit dunkler Hautfarbe eher als Waffe gelabelt werden.

  • Vorselektion: Algorithmen stufen im Bewerbungsprozess Kandidat:innen aus dem Ausland oder Frauen als nicht geeignet ein.

(Unconscious) Bias in KI

KI-Systeme lernen aus Daten, die in das Programm eingespeist werden. Und diese Daten stammen von Menschen und enthalten zwangsläufig unbewusste kognitive Verzerrungen, die sogenannten Unconscious Bias. Diese unbewussten Denkmuster und automatischen Stereotypen sind fest in uns verankert. Sie dienen dazu, dass wir Informationen schneller verarbeiten und vereinfachen unseren Alltag. Trotzdem sind es kleine mentale Programmfehler, die ihre Schattenseiten haben. Die mentalen Kategorisierungen, die wir unbewusst vornehmen, helfen uns zwar mit der Komplexität des Alltags klarzukommen, aber wenn wir nicht aufpassen und sie uns nicht bewusst machen, reproduzieren wir Stereotypen und Vorurteile, die zu Diskriminierung führen können. Wir ordnen Menschen mit bestimmten Merkmalen automatisch in soziale Gruppen ein und schreiben ihnen Eigenschaften zu, die mit dieser Gruppe assoziiert werden. Beim Maschine Learning werden riesige Datensätze verarbeitet, die diese Annahmen und Kategorisierungen potenzieren, wieTeams aus Forschenden eindrücklich zeigen. Beim Training von Maschinen mit tausenden von Bildern und dazugehörigen Bildbeschreibungen lernte ein Algorithmus, dass Bilder von kochenden Menschen häufiger Frauen zu Hause zeigen, Männer kochen dagegen eher in einem Restaurant. Die künstliche Intelligenz leitete aus diesem Datensatz ab, dass „Kochen“ eine Tätigkeit ist, die überwiegend von Frauen in ihrem Zuhause ausgeübt wird. Zeigte man ihr ein Bild von einem Mann, der zu Hause kocht, hielt sie ihn für eine Frau und vice versa hielt sie eine beruflich kochende Person für einen Mann. Tadaa, fertig ist der Gender Bias. Nebenbei trifft genau der die IT-Branche noch an anderer Stelle: Der Klischeebild des Informatikers, das sich in unserer westlichen Kultur seit den 80er-Jahren auch Dank der medialen Darstellung gebildet hat, führt dazu, dass weniger Frauen Informatik studieren und heute als IT-Expertinnen arbeiten.

Mehr Diversität, weniger Bias: Repräsentieren eingespeiste Datensätze nicht die gesellschaftliche Vielfalt, entstehen Programme, die von Männern für Männer entwickelt werden und bestehende Vorurteile und Klischees reproduzieren und potenzieren. Der Effekt: Gesichtserkennung funktioniert nicht bei allen Menschen gleich gut, Smart Watches messen bei dunkler Haut ungenauer und Frauen werden von Algorithmen als unpassende Kandidatinnen aussortiert.

Barrierefreiheit und digitale Inklusion statt Ausgrenzung

Aber auch Software, die keine KI nutzt, reproduziert Bias und kann Menschengruppen ausschließen oder sogar diskriminieren. Das reicht von kleineren Problemen wie einem Namensfeld, das zu kurz für den XL-Nachnamen ist bis zu Interfaces und Anwendungen, die von Screenreadern nicht gelesen werden können und Menschen mit Sehbeeinträchtigungen von digitalen Angeboten ausschließen. Btw: rund 9 % der Männer haben eine Rot-Grün-Sehschwäche. Als Webdesigner:in kannst Du die unterschiedlichen Einschränkungen simulieren und mit einem barrierefreien Design die Website für viel mehr Menschen zugänglich machen.

Das Europäische Barrierefreiheitsgesetzt verpflichtet bis jetzt nur Behörden ihre digitalen Angebote allen Menschen zugänglich zu machen. Die digitale Inklusion durch inklusives (Web-)Design betrifft aber in Zukunft immer mehr Branchen. Der European Accessibility Act sieht vor, dass bis 2030 Banken und Onlinehandel barrierefrei sein müssen. Digitale Inklusion ist aber mehr als Accessibility. Auch unser Umgang mit kollaborativer Software ändert sich, wenn das Team diverser wird. Stell‘ Dir vor, Du nimmst an einer Videokonferenz teil und alle Chatnachrichten, die reinprasseln, werden Dir als Mensch mit Sehbeeinträchtigung vorgelesen. Du wirst kaum der Diskussion folgen können. Als „Normalo“ wäre Dir das nicht aufgefallen, wenn Deine Teamkollegin aber eingeschränkt ist, bekommst Du viel eher mit, wo überall Fallstricke lauern. 

Wie wird Diversität gefördert?

Um faire KI zu trainieren, inklusive Software zu entwickeln oder Websites barrierefrei aufzusetzen, können Unternehmen mit Expert:innen zusammenarbeiten, die sich auf Diversität spezialisiert haben. Diversity-Spezialist:innen begleiten den gesamten Entwicklungszyklus, entwerfen Richtlinien und unterstützen mit Handlungsempfehlungen. Außerdem schaffen sie ein Bewusstsein für die unterschiedlichen Diversitätsdimensionen und klären über Bias auf. Noch wirkungsvoller ist es, wenn die Teams selbst schon so divers wie möglich aufgestellt sind. Es macht einen Unterschied, wenn Du selbst direkt miterlebst, welche Herausforderungen Dein gehörloser Kollege oder Deine stotternde Kollegin hat, als wenn Dir eine Fachexpertin die Probleme in der Theorie erläutert. Für die Softwareentwicklung bedeuten divers besetzte Teams z.B., dass Anforderungen an Inklusion früher berücksichtigt und entsprechend formuliert werden. Eine Anwendung nachträglich barrierefrei umzubauen, ist mit viel mehr Aufwand und Kosten verbunden. Eine gute Zwischenlösung kann es sein, beim Testing darauf zu achten, dass die Gruppe der Tester:innen möglichst heterogen ist und unterschiedliche Diversitätsdimensionen vertreten sind. In Usability Tests finden in der Regel schon 5 testende Personen rund 84 % der Fehler. Das heißt: Wird beim Testing berücksichtigt, dass die User unterschiedliche Nutzungsgruppen repräsentieren, decken schon wenige Tester:innen viele Schwachstellen auf.

Diversität ist mehr als (m/w/d) im Stellenprofil

Ein bisschen Wunschdenken ist schon dabei: Beim Blick in die Unis wird klar, warum heute Männer in IT-Berufen dominieren: Sie tun es ja schon in den Hörsälen. Gerade einmal 22 % der Informatik-Studierenden sind 2020 weiblich. Bis dem IT-Arbeitsmarkt genug Informatikerinnen zu Verfügung stehen, die für einen Geschlechterausgleich sorgen, können Quereinsteigerinnen mehr Diversität in Teams bringen. Für einige Unternehmen besteht die Herausforderung schon darin, sich z.B. für Frauen als attraktiven Arbeitgeber darzustellen. Das gelingt oft weniger gut, wenn ein Mann den Text für die Stellenbeschreibung formuliert und dabei seine Bubble nicht verlässt. Inklusiv heißt eben nicht, einfach nur “Softwareentwickler (m/w/d) gesucht” in Stellenprofil zu schreiben. Größere Unternehmen leisten sich inzwischen ein Diversity Management und setzen sich mit den Bedürfnissen ihrer Belegschaft auseinander, erkennen sie an und sehen den positiven Nutzen für das Unternehmen. Studien wie die von McKinsey unterstreichen den wirtschaftlichen Vorteil gemischter Teams: Unternehmen, deren Vorstände unterschiedlicher Ethnien angehören, haben eine 36 % höhere Wahrscheinlichkeit, Gewinne zu erzielen. Gender-Vielfalt im Vorstand macht den Profit 25 % wahrscheinlicher. Wie können Maßnahmen in Unternehmen konkret aussehen? Im Kleinen kann das ein zusätzliches vegetarisches oder veganes Angebot in der Kantine sein, aber auch ein Gebetsraum, flexible Arbeitszeitmodelle oder ein Mutter-Kind-Büro. Was bei Unternehmen anfängt, setzt sich bei Konferenzen fort. Mehr weibliche Key Note Speaker oder Menschen aus anderen Kulturräumen tragen zur Vielfalt bei und ermutigen außerdem den IT-Nachwuchs. Diversere Role Models bieten tech-interessierten Jugendlichen mehr Identifikationsmöglichkeiten. You can’t be, what you can’t see.

tl;dr:
  • Große Unternehmen setzen inzwischen darauf, Teams aus Menschen mit möglichst unterschiedlichen Hintergründen zusammenzusetzen. Auch wenn wirtschaftliche Vorteile für Vielfalt sprechen, sollte sie keiner Rechtfertigung bedürfen.
  • Diversität ist vor allem in der Anwendungsentwicklung, dem Web Development und bei Künstlicher Intelligenz wichtig, um unfaire Behandlung und Diskriminierung zu verhindern.
  • In gemischte Teams profitieren alle von den unterschiedlichen Perspektiven, die die Einzelnen mitbringen und bilden dabei die Vielfalt der Gesellschaft ab.

 

Arbeitgeber bewerben sich bei Dir!
Ganz einfach:

Anonymes Profil anlegen
!
Unternehmens- anfragen erhalten
C V
Kontaktdaten freigeben & durchstarten!
Kostenlos registrieren