Assessment Center für IT-Berufsstarter
Bewerbung? Check! Vorstellungsgespräch? Check. So sieht der klassische Bewerbungsprozess bei kleinen und mittelständischen Unternehmen aus. Während es dort jetzt losgehen kann mit dem Job, sieht der Bewerbungsprozess bei großen Unternehmen und weltweit agierenden Konzernen oft ein bisschen anders aus: Als IT-Talent wirst Du bei den großen Playern gerne zum Assessment Center eingeladen!
Gerade wenn Du Dich als Informatiker:in für einen Einstieg ins Management oder Consulting entschieden hast, kommst Du wahrscheinlich um diese “Bewerbungstage” nicht herum. Gemeinsam mit anderen Kandidat:innen wirst Du dabei auf Herz und Nieren geprüft. Aber keine Panik: Was es mit diesem Schritt im Bewerbungsprozesses auf sich hat, wie Du Dich als IT-Talent optimal auf ein Assessment Center vorbereitest und nicht nur mit Deinem IT-Knowhow, sondern auch mit Deinen Soft Skills glänzt, erfährst Du hier.
Was ist ein Assessment Center?
Mit dem Assessment Center ist ein zusätzliches Auswahlverfahren gemeint, das Unternehmen in der Regeln statt des klassischen Bewerbungsgesprächs durchführen. “Assessment” bedeutet soviel wie “beurteilen” oder “einschätzen” und genau das tun Unternehmen. Die Personalverantwortlichen wollen sehen, ob Du Dich besser eignest für die ausgeschriebene Stelle als Deine Mitbewerber:innen. Ob in der IT-Security, als IT-Beraterin oder Softwareentwickler trägst Du später zum wirtschaftlichen Erfolg Deines potenziellen Arbeitgebers bei und bekommst im Vergleich zu anderen Berufsgruppen ein relativ hohes Einstiegsgehalt. Klar wollen Arbeitgeber sichergehen, dass sie für diese Positionen die besten Kandidat:innen auswählen. Bei dem 1 bis maximal 3 Tage dauernden Auswahlverfahren trittst Du in Gesprächen, Coding-Tests, Rollenspielen und Simulationen im direkten Vergleich gegen Deine Mitbewerber:innen an. Bei dieser Art des Recruitings achten die anwesenden Personalverantwortlichen und Führungskräfte darauf, wie teamfähig Du bist (gerade in dieser Ausnahmesituation) und wie Du an komplexe Aufgaben herangehst. Sie wollen aber auch checken, wie Deine Soft Skills sind, also z.B. Deine Präsentationstechnik oder ob Du das Potenzial zur Führungspersönlichkeit mitbringst.
Welche unterschiedlichen Formen des Assessment Center gibt es?
Gruppen-AC
Der Name lässt es erahnen: Bei dieser Form werden mehrere Bewerber:innen auf die Probe gestellt. Um herauszufinden, ob Du fachlich und von Deiner Persönlichkeit zum Unternehmen passt, trittst Du in Diskussionen, Simulationen, Tests und Rollenspielen gegen Deine Mitbewerber:innen an. Meistens nehmen zwischen 5 und 10 Menschen an dieser Auswahlrunde teil.
Einzel-AC
Anders ist es, wenn es um die Besetzung einer Führungsposition geht: Dann testen Unternehmen oft nur eine einzige Person. Typischerweise nutzen Unternehmen das Assessment Center für Neueinstellungen. Es kann Dir aber auch passieren, dass Du zum AC eingeladen wirst, wenn Du Dich intern von Deiner Junior-Stelle auf eine höhere Position bewirbst oder in eine andere Abteilung wechseln möchtest.
Online Assessment Center
Spätestens seit der Corona-Pandemie ist diese Variante des AC nicht mehr wegzudenken. Vor allem die Big Techs und Konzerne setzen auf die digitale Variante des Assessment Centers. Sie ist für die Unternehmen mit weniger Kosten verbunden und Du kannst Dich ohne viel Aufwand bei internationalen Unternehmen bewerben. Als Bewerber:in kannst Du beim E-Assessment außerdem Deinen Heimvorteil nutzen: Von Deinem eigenen Schreibtisch aus löst sich auch die Live Coding-Aufgabe leichter. Auch wenn der Recruiter per Kamera zugeschaltet ist und Dich beim Lösen der Aufgabe beobachtet, bist Du wahrscheinlich ein bisschen weniger aufgeregt, weil Du an Deinem eigenen Computer sitzt.
Welche Aufgaben erwarten Dich als Informatiker:in im Assessment Center?
Wie genau die Aufgabenstellungen im Assessment Center, dem Karriere- oder Bewerbungstag aussehen, hängt sehr davon ab auf welche Position Du Dich bewirbst. Als Embedded Systems Engineer wirst Du andere Aufgaben lösen als ein künftiger Business Analyst. Das Auswahlverfahren besteht aus verschiedenen Aufgaben und Übungen, die alle das Ziel verfolgen, Deine fachlichen Kompetenzen und Deine Soft Skills zu testen. Gerade bei IT-Kandidat:innen geht es nicht unbedingt darum, dass Du einen super anspruchsvollen Code schreibst, sondern die Arbeitgeber möchten erfahren, wie Du grundsätzlich an Problemstellungen herangehst. Arbeitest Du strukturiert und zielführend oder verlierst Du Dich in Details? Die Personalverantwortlichen wollen aber auch sehen, wie Du mit anderen interagierst. Grundsätzlich gibt es 5 Kategorien, in denen Du zeigen kannst, wer Du bist, was Du kannst und wie Du arbeitest. Dabei löst Du einen Teil der Aufgaben alleine und einen anderen gemeinsam mit einer weiteren Person oder in der Gruppe. Typischerweise beginnt der Karrieretag mit einer
- Selbstpräsentation, bei der Du die anderen Teilnehmenden kennen lernst und Dich vorstellst. Für Dich kommt es jetzt darauf an, Dich, Deine bisherigen Stationen und Deine Motivation für die Stelle zu zeigen. Geh’ an dieser Stelle ruhig darauf ein, warum für Dich kein anderes Fach als Wirtschaftsinformatik in Frage kam, welche praktische Erfahrung Du z.B. in einer studentischen Unternehmensberatung gesammelt hast und welche Stärken Du außerdem für die Position mitbringst. Klar, es kommt nicht nur auf das “Was”, sondern auch auf das “Wie” an. Deshalb bleib’ cool und versuche Dich zu fokussieren. Vermeide es, während Deiner Vorstellung mit Deinen Händen an einem Stift oder Deinen Haaren rumzuspielen. Suche lieber den Blickkontakt zu Deinem Publikum und den Personalverantwortlichen. Du kannst Dir sicher sein, alle in der Runde sind nervös. Gegen das Lampenfieber hilft es, wenn Du Deine Performance vorher mit Freunden oder Deiner Familie übst.
- (Gruppen-)Übungen, bei denen Du als angehender IT-Consultant mit Deinen Mitbewerber:innen eine Case Study löst. Ihr analysiert und bewertet gemeinsam, wie z.B. die digitale Transformation eines Unternehmens aussehen kann, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen um Euer gemeinsamen Ziel zu erreichen. Meist steht hier nicht die tatsächliche Lösung im Vordergrund. Die Assessoren testen Deine Kommunikations- und Teamfähigkeit. Achte deshalb darauf, dass Du in der gemeinsamen Gruppenarbeit nicht untergehst. Genausowenig solltest Du aber auf Biegen und Brechen die Führung an Dich reißen. Wenn Du Dich auf einen Job im IT-Management bewirbst, hast Du jetzt die Gelegenheit zu zeigen, dass Moderation und Koordination Deine wahren Superkräfte sind.
Bewirbst Du Dich auf eine Stelle als Developer wirst Du Deine Coding-Skills unter Beweis stellen, denn Dein Code sagt mehr als tausend Worte. Vor allem die Big Techs nutzen dafür Coding Interviews, die entweder online oder offline vor Ort als Whiteboard Coding Session stattfinden. Während Du im Online Coding Assessment Stackoverflow und Co. nutzen kannst, zeigst Du beim Whiteboard Coding wie strukturiert und methodisch sauber Du an das Problem herangehst. Die Assessoren erwarten nicht die perfekte Lösung. Als Kandidat:in benennst Du Deine Lösungsschritte und schreibst sie sauber und ohne Rechtschreibfehler aufs Board.
- Einzel- oder Fachinterviews geben Deinem Arbeitgeber die Möglichkeit sich von Deinem Fachwissen zu überzeugen. Du zeigst, dass Du die Basics beherrschst und weißt, wie Du »while«, »do-while«, »foreach« einsetzt. Wenn Du als Berufseinsteiger:in noch nicht die ganze Klaviatur der Fachbegriffe beherrschst, ist das kein KO-Kriterium. Argumentiere am besten immer an konkreten Beispielen, so kann Dein Gegenüber besser einschätzen, was Du meinst. Im Zweifelsfall zeigst Du damit, dass Du die Technik oder die Logik verstanden hast, Dir aber “nur” der Fachbegriff fehlt.
- Persönlichkeitstests, Intelligenztests oder Leistungstests gehören bei ACs zum Standard-Repertoire. Je nachdem, für welche Stelle Du Dich bewirbst, werden unterschiedliche Tests eingesetzt. Das Gute: Mit etwas Recherche im Vorfeld kannst Du Dich gut auf dieses Element des Assessment Centers vorbereiten. Während Intelligenztests Aufschluss über Deine analytische und logische Denkweise geben, zeigt ein Persönlichkeitstest, welche Rolle Du aufgrund Deiner Persönlichkeitsmerkmale wie Offenheit, Gewissenhaftigkeit oder Verträglichkeit im Team und Unternehmen einnehmen kannst.
- Rollenspiele simulieren beispielsweise ein unangenehmes Gespräch mit unzufriedenen Stakeholdern. Wie reagierst Du auf ein unfreundlich oder sogar aggressives Gegenüber? Bleibst Du in dieser Konfliktsituation gelassen oder reagierst Du ebenfalls emotional? Professionell bist Du, wenn Du Empathie beweist und auf den Standpunkt Deines Gegenübers eingehst, aber seine Argumente dennoch sachlich und freundlich entkräftest. Dein Arbeitgeber bekommt so einen Eindruck, wie Du potenzielle Konfliktgespräche mit Teammitgliedern oder Kund:innen löst.
Wenn Du diese Stationen bewältigt hast, gibt es meist ein abschließendes Feedbackgespräch mit einer der beobachtenden Personen. Das ist allerdings noch nicht der Zeitpunkt sich zurückzulehnen, im Gegenteil. Feedback ist in Deinem späteren Arbeitsalltag ein sehr wichtiges Instrument, um Dich, Deine Arbeit und die Leistung des gesamten Teams zu verbessern. Deshalb bist Du jetzt noch mal gefordert. Schau’ zurück auf den Tag oder die Tage und reflektiere was gut gelaufen ist und wo Du Verbesserungspotenzial in Deiner Leistung siehst. Wo liegen Deine Stärken? Hast Du Schwächen entdeckt? Dann sei jetzt lieber ehrlich und sprich diese an. Das vermittelt der Personalkraft, dass Du ein realistisches Selbstbild hast. Du hast erkannt, dass Dein Zeitmanagement Optimierungspotenzial hat? Dann ist jetzt der Moment es anzusprechen, statt zu warten, dass Dein Gegenüber diese Schwachstelle aufdeckt. Du kannst Dich darauf einstellen, dass die Personalverantwortlichen Kritik an Deiner Arbeit oder Deinem Auftreten üben werden. Nimm das aber keinesfalls persönlich! Es ist noch Teil des Bewerbungsprozesses, mit dem Deine Kritikfähigkeit getestet wird.
Stell’ Dein IT-Fachwissen und Deine Soft Skill unter Beweis
Es geht bei den unterschiedlichen Aufgaben nicht darum, dass Du am Ende ein Top-Ergebnis ablieferst. Die Leitung des Assessment Centers wollen durch die Tests herausfinden, wie Du tickst. Neben Deinem fachlichen Wissen beobachten sie Deine Arbeitsweise sehr genau. Agierst Du in den Gruppenaufgaben selbstbewusst? Bist Du eher der beobachtende Typ? Behältst Du in Stresssituationen und Zeitdruck einen kühlen Kopf? Was reagierst Du in Konfliktgesprächen wie bei einem Rollenspiel? Wie gut Du PHP oder C++ beherrscht lässt sich relativ schnell beim Coding-Test herausfinden. Um zu checken, wie Du mit Dich im Team verhältst, bietet das Assessment Center einige gute Möglichkeiten.
Wie bereitest Du Dich am besten auf das Assessment Center vor?
Klar, wie schon für Deine Bewerbungsunterlagen und das Bewerbungsgespräch ist auch beim Assessment Center eine gründliche Vorbereitung besonders wichtig. Deine To-Do’s sind sind einerseits inhaltlich, andererseits organisatorisch.
Inhaltliche Vorbereitung
- Informiere Dich ausführlich über das Unternehmen. Das hast Du wahrscheinlich schon für Deine Bewerbung gemacht. Bevor das AC startet solltest Du trotzdem noch einmal ganz genau hinschauen. Wurde vielleicht in der Zwischenzeit eine neue Software auf den Markt gebracht? Check’ auch mal die Social-Media-Kanäle. Dort kannst Du spannende Insights entdecken, z.B. ein gerade stattgefundener Hackathon oder ein Teamevent. Diese Infos kannst Du nebenbei einfließen lassen.
- Bereite Dich auf die Prüfungssituation vor. Die genaue Aufgabenstellung, die Dich im AC erwartet, weißt Du natürlich nicht. Gut vorbereitet bist Du, wenn Deine Selbstpräsentation sitzt, weil Du sie vorher vor Deinen Freund:innen geübt hast. Ein selbstbewusstes Auftreten in Gruppenaufgaben kannst Du z.B. in der Uni mit Deinen Kommiliton:innen trainieren.
Organisatorische Vorbereitung
- Bring’ alles zum Ablauf des AC in Erfahrung. Nimm Kontakt auf zu Deiner Ansprechpartner:in im Unternehmen und hole Dir alle Infos zum Ablauf, Uhrzeit, Ort. Du kannst auch erfragen, welche Mitarbeiter:innen das AC führen und ob es einen Dresscode gibt.
- Plane Deine Anreise rechtzeitig. Wenn das Assessment Center in einer anderen Stadt stattfindet, plan' genug Puffer für die Anreise ein. Lohnt sich vielleicht eine Übernachtung im Hotel oder bei Bekannten, damit Du ausgeruht in den Prüfungstag starten kannst? Gesetzlich ist es übrigens so geregelt, dass der potenzielle Arbeitgeber die Kosten für die Anreise und Übernachtung übernehmen muss. Das sind Dinge, die Du unbedingt vorab klären solltest. Frag’ bei Deiner Kontaktperson nach, in welchem Kostenrahmen sich die Übernachtung bewegen darf. Kläre auch, in welchem Hotel die anderen Teilnehmer:innen untergebracht sind.
Wenn Du alle relevanten Infos zusammen hast und Dein Zugticket und Hotel gebucht sind, mach’ Dich nicht verrückt. Klar, im Internet kursieren hunderte typische Bewerbungsfragen, mit denen Du Dich beschäftigen kannst. Lass’ die Finger von Standard-Antworten, die Du im Netz findest. Sei authentisch! Mit etwas Fingerspitzengefühl und Empathie kannst Du gut einschätzen, welche Antworten Personalverantwortliche hören möchten. Bleib’ Du selbst, statt mit auswendig gelernten Floskeln beeindrucken zu wollen. Zeig' lieber Deine Persönlichkeit und Deine Leidenschaft für guten Code oder ein gelungenes User Interface. Positiv fällst Du auf, wenn Du Fragen stellst – auch wenn Du noch nicht viel Praxiserfahrung hast. Unternehmen schätzen einen frischen Blick von außen.
- Deine Bewerbung war schon mal ein Volltreffer, deshalb wurdest Du zum Assessment Center eingeladen. Du darfst also ganz selbstbewusst in den Termin gehen.
- Während des 1 bis 3-tägigen Bewerbungsverfahrens wirst Du mit ganz unterschiedlichen Aufgaben konfrontiert. Als Informatiker:in werden Deine Coding-Skills getestet. Dein potenzieller Arbeitgeber will außerdem herausfinden, wie gut Du im Team arbeitest. Es geht also auch um Deine Soft Skills.
- Wenn Du Dich gründlich vorbereitest, Du alle wichtigen Infos zum Unternehmen und Ablauf des Assessment Centers zusammengetragen hast, Deine Selbstpräsentation steht und Dein Outfit gebügelt ist, kannst Du Dich “entspannt” auf den Weg machen.