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Design Thinking in der Softwareentwicklung

Vom Problem zum Prototyp

Von Jenny Tiesler

 

 

Man nehme ein interdisziplinäres, bunt-gemischtes Team, eine flexible Arbeitsumgebung, die Bewegungs- und Denkfreiheit zulässt und lässt es an einem Problem tüfteln. So oder so ähnlich könnte der Anfang von einem Design-Thinking-Prozess aussehen. Die Lösung – ob Produkt oder Service – ist im Idealfall nutzungsorientiert und berücksichtigt die unterschiedlichsten Bedürfnisse der diversen Anwender:innen. Bist Du neugierig, was hinter diesem Ansatz steckt und wie mit Design Thinking im Arbeitsalltag eine richtige Innovationskultur entstehen kann? Dann geht’s jetzt los.

Was ist Design Thinking? Definition und Herkunft

Design Thinking ist ein iterativer Prozess, um komplexe Aufgaben zu lösen. Diese kreative Art, Probleme anzugehen kann überall eingesetzt werden und ist nicht an bestimmt Branchen, Unternehmensgrößen oder Problemstellungen gebunden. In den letzten Jahren wurde der Kreativansatz ziemlich gehypt. Tatsächlich reichen seine Wurzeln bis in die 1920er-Jahre und die Bauhaus-Ära zurück. Die Kreativen rund um Walter Gropius entwickelten Produkte nach dem Gestaltungsgrundsatz "Form follows function" und setzten beim Entwicklungsprozess voll auf Interdisziplinarität.

Thinking like a designer can transform the way you develop products, services, processes – and even strategy. – Tim Brown (CEO IDEO)

Der Ansatz, wie wir ihn heute kennen, geht auf die Designforschung in den USA der 1960er-Jahre zurück. "How Designers think", war die Ausgangsfrage der drei Stanford-Professoren Terry Winogard (Informatiker, bei dem u.a. Larry Page studierte), Larry Leifer (Design) und David Kelley (Gründer Agentur IDEO und dem Hasso Plattner Institute of Design). À propos Hasso Plattner: Der SAP-Gründer ist großer Anhänger und unterstützt die Verbreitung des Ansatzes. Seit 2005 können Studierende an der Stanford University Design Thinking als Fach belegen und seit 2007 wird der Kreativansatz am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam unterrichtet. Das Wort Design umfasst dabei mehr als nur die Gestaltung. Gemeint ist ein Konzept, das den gesamten Entwicklungsprozess samt Lösungsweg miteinschließt.

Voraussetzungen für Design-Thinking-Prozesse

Der klassische Einsatzbereich ist die Produktentwicklung. Ob analoges oder digitales Produkt oder Services ist dabei nicht ausschlaggebend, solange Empathie und der starke Fokus auf den Nutzen im Vordergrund stehen.

Damit der kreative Ansatz sein Problemlösungspotenzial voll entfalten kann, ist ein Fundament aus diesen drei Bausteinen wichtig. 

Die drei Bausteine des Design Thinking sind das Team, der Raum und der Prozess.

Das Team

Idealerweise stecken fünf bis sechs Personen aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen ihre Köpfe zusammen. Neben dem Fachwissen bringt jede:r im Team ein Mindset mit, dass neugierig und offen für neue Perspektiven ist. Bei Design Thinking geht es darum, gewohnte Denkmuster und Trampelpfade im Kopf zu verlassen und neue Wege zu finden. Je diverser das Team, desto mehr Use Cases werden in Betracht gezogen und desto besser ist das spätere Produkt. Eine gelebte Feedback- und Fehlerkultur ist wichtig, damit die Zusammenarbeit auf Augenhöhe gelingt.   

Der Raum

Einen Geistesblitz kannst Du am Schreibtisch haben, aber oft kommt er, wenn Du die gewohnte Umgebung verlässt. Im Design Thinking sollen Räume Freiheiten bieten, und zwar Deinem Körper und Deinem Köpfchen. Variable Möbel und Möglichkeiten, die Gedanken zu visualisieren, sollen dabei helfen. Das können Post-its sein, aber auch Legosteine, Knetmasse oder Playmobil.

Der Prozess

Der Weg vom Problem zum ersten Prototyp ist dynamisch und iterativ. Das Team durchläuft die Phasen nicht streng linear und entscheidet gemeinsam, wenn alle bereit für die nächste Phase sind. Es ist auch möglich, noch einmal zu einer früheren Phase zurückzugehen, wenn Probleme erst in einer späteren Phase erkannt werden.

So funktioniert der Design-Thinking-Prozess

Design Thinking berücksichtigt den Nutzen für die Anwender:innen, die technologische Umsetzbarkeit und die Marktfähigkeit. Alle drei Kernaspekte werden gleich gewichtet. Um mit Deinem Team eine innovative Lösung an den Start zu bringen, müssen erstmal Nutzen, Machbarkeit und Marktfähigkeit im Einklang sein.

Der Prozess durchläuft mehrere Phasen, meist sind es zwischen fünf und sechs Phasen. Die genaue Anzahl kann variieren, je nach Interpretation. Der Ablauf ist jedoch immer gleich. 

Darstellung der 6 Phasen im Design-Thinking-Prozess.

Quelle: hpi.de

Phase 1: Problem verstehen und definieren

Am Anfang geht es darum, das Problem zu verstehen und es möglichst genau zu definieren. Außerdem setzt Ihr Euch mit diesen Fragen auseinander:

  • Wer ist die Zielgruppe?

  • Welches Suchfeld eröffnet sich für welche Lösungen?

  • Was ermöglichen die Rahmenbedingungen?

Als Ziel formuliert Ihr Eure Design Challenge. Entweder als User Story oder ausführlicher, indem Ihr die Punkte Warum (Problem), Wer (Persona), Was (Ziel) und Womit (Ressourcen) definiert. 

Phase 2: User:innen beobachten und Bedürfnisse verstehen

Anschließend analysiert Ihr Eure User:innen aufs Genaueste.

  • Welche Bedürfnisse haben sie?

  • Welche Tools nutzen sie aktuell, um ihr Problem zu lösen?

In der zweiten Phase ist Euer Ziel, Euch ganz in die User:innen hineinzuversetzen und sie in ihrem Nutzungsverhalten zu beobachten z.B. in Rollenspielen und Interviews oder beobachtenden Research-Methoden wie der Fly-on-the-Wall-Methode, bei der Ihr Eure User:innen in der Interaktion beobachtet und sozusagen Mäuschen spielt.  

Phase 3: Standpunkt definieren

Nach Phase 1 und 2 ist es jetzt an der Zeit, Eure Beobachtungen auszuwerten.

  • Welche Erkenntnisse lassen Eure Analysen zu?

  • Lassen sich die Erkenntnisse gewichten?

Ziel dieser Phase ist es, die einzelnen Erkenntnis-Puzzleteile zusammenzusetzen und alle Teammitglieder auf denselben Stand zu bringen. Mit Euren Analysen und den Ergebnissen zeichnet Ihr jetzt eine sehr detaillierte Persona, für die Ihr in den nächsten Schritten Lösungsideen entwickelt. 

Phase 4: Ideen finden

Ihr wisst, wie Eure User:innen ticken und könnt in Phase 4 Eure Kreativität explodieren lassen. Dabei geht Ihr in drei Schritten vor:

  1. Sammeln: Haut alle Ideen raus, egal wie abwegig sie auf den ersten Blick zu sein scheinen.

  1. Bewerten: Im Anschluss besprecht Ihr alle Ideen und prüft sie im Hinblick auf diedrei Kernaspekte Umsetzbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Nutzen.

  1. Priorisieren: Gemeinsam erarbeitet Ihr eine Lösung, die Ihr als Prototyp umsetzen wollt.

Am Ende dieser Phase habt Ihr aus einem großen Ideen-Pool, die machbarste, wirtschaftlichste und nutzungsorientierteste Idee ausgewählt. Konzentriert Euch auf ein Minimal Viable Product, also eine Idee, die die wesentlichen Kernaspekte abdeckt und startet so in die nächste Phase.  

Phase 5: Prototyp entwickeln

Tool time: Jetzt geht es darum, Eure Idee zum Leben zu erwecken. Prototypen sind sehr individuell und vor allem niemals fertig. Sie können aus Papier gebastelt sein, eine schnelle Implementierung oder ein Klickprototyp sein – Hauptsache, Eure Idee gewinnt an Gestalt.

  • Die Erstellung des Prototyps dauert nur wenige Stunden.

  • Der Prototyp soll der Kund:in helfen, Eure Lösung zu verstehen. 

Phase 6: Testen

Und genau das passiert in der letzten Phase des Design-Thinking-Prozesses. Ihr präsentiert Eure Idee in Form Eures Prototypen der Kund:in. Es geht aber nicht darum, Eure Idee zu verkaufen, sondern Ihr wollt ehrliches Feedback und beobachtet deshalb, wie die Kund:in mit dem Prototyp interagiert. Erfüllt er Eure und die Ansprüche der User:innen? Tauchen Fragen oder Probleme auf?

Mit dem Testen des Prototyps schließt sich der Kreis im Entwicklungsprozess. Hat die Testphase Denkfehler offengelegt, geht Ihr zurück auf Los und nähert Euch dem Problem erneut. Hat Euer MVP im Test überzeugt, könnt Ihr in die Implementierung übergehen.

Wo wird die Kreativtechnik Design Thinking in der Softwareentwicklung eingesetzt?

Design Thinking ist ein integrativer Ansatz und kann deshalb im Entwicklungszyklus von Software an vielen Stellen eingesetzt werden. Je nachdem, in welchem Bereich Du unterwegs bist, kommt Dir die ein oder andere Methode bekannt vor. Besonders sinnvoll ist Design Thinking, wenn es um die späteren Nutzer:innen der Anwendung geht z.B.

  1. In der Anforderungsanalyse: Durch Umfragen, Beobachtungen und andere Research-Methoden findet Ihr am Anfang des Entwicklungsprozesses von Software erstmal herausfinden, was die Bedürfnisse der User:innen sind.

  1. In der Ideenfindung und Konzeptentwicklung: In möglichst heterogenen Teams brain- oder bodystormed Ihr zu Funktionen, UI-Designs oder Interaktionsmuster und sammelt so viele Lösungsvorschläge.

  1. bei Usabilty-Tests: Ob selbst aufgesetztem Usertests oder Usability Testessen: Nichts verrät Euch mehr über den Stand Eures Prototyps als das Testen durch Anwender:innen. Sie decken Schwachstellen auf und identifizieren Verbesserungsmöglichkeiten. 

Apple und Airbnb: berühmte Beispiele aus der Praxis

Design Thinking ist ein Mindset, in dem sich vor allem Start-ups wiederfinden: In offenen Fehlerkulturen und flachen Hierarchien entstehen unkonventionelle Ideen, aus denen schnell und unkompliziert erste Prototypen entwickelt werden. Aber auch die größten Einhörner haben nicht direkt einen Raketenstart abgeliefert und kamen erst mit Design-Thinking-Unterstützung auf die zündende Idee. Beispiele gefällig? 

Kurz nach seiner Gründung stand Airbnb 2009 fast vor dem Aus: Die Zahlen stagnierten und die vom Investor erwartete Skalierung blieb aus. Wie die meisten Start-ups im Silicon Valley stürzte sich das dreiköpfige Team auf den Code und programmierte sich durch die Probleme. Ohne nennenswerten Erfolg. Die DNA von Airbnb ist datengetrieben. Den Schlüssel zum Erfolg fand das Team aber erst, als sie in die Rolle der User:innen schlüpften. Die drei Gründer flogen nach New York und begleiteten Menschen, die ihre Wohnung auf der Plattform inserieren wollten. Doch statt der bis dato üblichen amateurhaften Fotos der Wohnungen, machten sie ansprechende Bilder. Damit hatten sie eine der größten Schwachstellen aufgedeckt: Die unprofessionellen Bilder hielten viele User:innen vom Buchen der Apartments ab. Noch heute setzt Airbnb auf den Perspektivwechsel und die Philosophie von Design Thinking, so Co-Founder Joe Gebbia: Neue Mitarbeitende machen in den ersten zwei Wochen einen Kurztrip auf Kosten des Unternehmens und dokumentieren anschließend ihre Erfahrung mit der Plattform und der gebuchten Unterkunft.

Beim Stichwort Nutzungsfreundlichkeit und intuitive Bedienung denken Apple-Fans sofort an iPhone, Mac und iPad. Tatsächlich war Apple einer der Inkubatoren von Design Thinking. Für uns heute kaum vorstellbar, aber in der Apple-Zeit ohne Steve Jobs (von 1985 bis 1996) verlor der Tech-Riese die Empathie für seine Anwender:innen aus den Augen und die Umsätze schwächelten. Nach Jobs Rückkehr und der erneuten Fokussierung auf die User:innen, schrieb er die Erfolgsstory weiter und entwickelte Innovationen und wahre Gamechanger wie das iPhone.

It’s not just what it looks like and feels like. Design is how it works. – Steve Jobs

Durch Design Thinking gelingt es Apple innovativ zu sein und gleichzeitig von ihren Kund:innen aus zu denken. Aber auch andere Top-Unternehmen setzen den Prozess ein, um ihre Produkte weiterzuentwickeln oder innovative Ideen zu generieren wie personalisierte Playlists bei Spotify oder die Weiterentwicklung vom DVD-Leih-Abo zum Streamingdienst bei Netflix.

Willkommen im Mainstream: Ist der Design-Thinking-Ansatz noch innovativ genug?

SAP, Bosch, Deutsche Bank, Siemens … die Liste der Unternehmen, die auf Design Thinking setzen und den Ansatz in ihrem Innovationsmanagement integriert haben, ist lang. Design Thinking darf dabei nicht als Label für abteilungsübergreifende Arbeit verstanden werden und auch der alleinige Fokus auf die Zielgruppe macht das Kreativmeeting nicht zum Design-Thinking-Workshop. Viel eher ist es ein integrativer Ansatz, der sich ausgezeichnet mit anderen Methoden kombinieren lässt wie Lean Start-up, Kanban und natürlich Scrum. Wie das aussehen könnte? 

Design Thinking kann gut mit Scrum kombiniert werden: Auf die Ideenfindung folgt der Scrum Sprint.

Quelle: medium.com

Das Beste aus zwei Welten: Design Thinking meets Scrum

1. Kickoff mit Design Thinking: Bevor Dein Team in den Scrum-Modus schaltet, startet Ihr mit einer Design-Thinking-Phase. Wie ticken Eure User:innen, was sind Ihre Wünsche und wo sind Pain Points? Im besten Fall generiert Ihr einen Strauß voller Ideen und erstellt erste Prototypen. Auch wenn Ihr nur eine oder zwei Ideen weiterverfolgt, könnt Ihr die anderen in Euren Product-Backlog legen und später weiterverfolgen.

2. Sprint-Planung à la Design Thinking: Während der Planung des nächsten Sprints taucht Ihr mit Design-Thinking-Prozessen tiefer ein und lenkt den Fokus z.B. auf die User Experience. Welche Nutzungsprobleme wollt Ihr in diesem Sprint lösen? Welche innovative Lösung könnt Ihr dafür entwickeln?

3. Sprint mit Scrum: Jetzt schaltest Du und Dein agiles Team in den Scrum-Modus und entwickelt die definierten Features. Dabei haltet Ihr Euch in den regelmäßige Stand-up-Meetings auf dem neusten Stand.

4. Sprint-Review und Feedback von User:innen: Am Ende des Sprints steht die Review-Session. Präsentiert dabei aber nicht nur die fertigen Features, sondern schaut Euch auch die Prototypen und Ideen aus der Design-Thinking-Phase an. Es lohnt sich, Feedback von allen Teammitgliedern und User:innen zu sammeln!

5. Anpassung und Iteration: Nutzt das Feedback aus der Review, um Deine Design-Thinking-Phase für den nächsten Sprint zu verfeinern und die Prototypen und Ideen anzupassen, bevor du wieder in den Scrum-Modus schaltest.

Repeat and rock on: Design Thinking und Scrum sind wie ein Hit-Song und ein Remix – Du kannst immer wieder darauf aufbauen und diese Kombi nutzen, um einzigartige und nutzungszentrierte Software zu entwickeln. Während Scrum die Struktur liefert, sorgt Design Thinking für würzige Innovationen.  

In welchem IT-Job kannst Du mit Design Thinking arbeiten?

Die Antwort lautet: in fast allen! Vom App-Entwickler über die UI-Designerin bis zum Projektmanagement – alle, die Software entwickeln wollen, die nicht nur funktioniert, sondern auch die Herzen der User:innen erobert. Hier lohnt sich ein Blick auf die Unternehmenskultur. Denn die muss offen sein für Ideen und mit Fails umgehen können. Einblicke, welche Kultur in Unternehmen gelebt wird, bekommst Du z.B. bei unserem virtuellen Job Event. Während der Livesessions der IT-Profis hast Du die Möglichkeit live im Chat Fragen zu stellen oder ganz unverbindlich die Mitarbeitenden am Unternehmensstand zu fragen, ob sie Techniken wie Design Thinking nutzen. So eine Frage kannst Du auch gut im klassischen Bewerbungsgespräch droppen. Wir drücken Dir die Daumen. Get ready to code and create! 

tl;dr:
  • Design Thinking kann überall eingesetzt werden und ist nicht an bestimmte Branchen, Unternehmensgrößen oder Problemstellungen gebunden. Der klassische Einsatzbereich ist aber die Produktentwicklung.
  • Bei dem Problemlösungsansatz geht es darum, gewohnte Denkmuster und Trampelpfade im Kopf zu verlassen und neue Wege zu finden.
  • Ein Design-Thinking-Prozess besteht aus fünf bis sechs Phasen. Am Ende der letzten Phase steht ein Minimal Viable Product (MVP), dass im Test die Kund:innen überzeugt hat.
  • Design Thinking ist ein integrativer Ansatz und kann deshalb im Entwicklungszyklus von Software an vielen Stellen eingesetzt werden.
 

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