Was macht ein ABAP-Entwickler?

Ist SAP Deine Welt, dann ist diese Programmiersprache Deine Zauberformel: ABAP-cadabra, und Du programmierst kommerzielle ERP-Anwendungen von erster Güte! Bevor wir den Weg zu diesem gut bezahlten IT-Job ausleuchten, machen wir einen kleinen Abstecher zu dem Unternehmen, ohne dass es die proprietäre Sprache gar nicht gäbe: Die badische SAP SE.

Die Reise führt uns zurück in die frühen 1970er-Jahre. Damals waren in so ziemlich allen fortschrittlichen Unternehmen für die Lohnabrechnung und Buchhaltung Lochkarten im Einsatz, was die IBM-Mitarbeiter Claus Wellenreuther, Hans-Werner Hector, Klaus Tschira, Dietmar Hopp und Hasso Plattner ziemlich nervte. Weil IBM nicht in die Weiterentwicklung des Systems investieren wollte, sahen die Kollegen sich 1972 gezwungen, ihre eigene Firma, die "Systemanalyse Programmentwicklung" (SAP), zu gründen. Long story short: Diese ist heute das größte Softwareunternehmen Europas und das drittgrößte weltweit, die Kumpels von damals sind Multimilliardäre.

Die SAP-Anwendungen haben sich seit der Anfangszeit kontinuierlich weiterentwickelt und bilden heute eine der vollumfänglichen Standardsoftwares für ERP bzw. "Enterprise Resource Planning", also die Verwaltung und Optimierung von komplexen Geschäftsprozessen. Das System beinhaltet Programme bzw. Module für typische Bereiche wie Beschaffung, Materialwirtschaft, Produktion, Marketing, Vertrieb, Personal- oder Finanzwesen und enthält unzählige hilfreiche Best Practices.

Seit der dritten Generation der SAP Business Suite, SAP R/3, basieren sämtliche Module auf der Programmiersprache ABAP. Ursprünglich wurde diese für die Programmierung von Reports eingeführt, weshalb die 1983er Version noch den fast gar nicht sperrigen Langtitel "Allgemeiner Berichts-Aufbereitungs-Prozessor" trug. Mit der bald folgenden Erweiterung des Sprachumfangs änderte das Akronym sich in "Advanced Business Application Programming". Die Sprache wurde nach einiger Zeit um objektorientierte Programmierung ergänzt und zu ABAP Objects (OO) umbenannt, heute kommt auch vermehrt die aktuelle Weiterentwicklung ABAP/4 zum Einsatz, weil es sich dabei um eine 4GL handelt – eine Fourth Generation Language, mit der sich schnell und einfach Code erstellen lässt.

Mit ABAP programmierst Du direkt auf dem Server – dem SAP Netweaver Application Server. Darauf befinden sich Daten, Anwendungen und die Nutzer:innen. Du analysierst – oft in Kooperation mit einem SAP-Consultant – die Geschäftsprozesse und passt die vorhandenen SAP-Programme durch kluge Modifikationen perfekt an den Bedarf des Unternehmens an. Neue Anwendungen integrierst Du in das Gesamtsystem und schulst in einigen Fällen auch die Nutzer:innen. Außerdem kann die Wartung der SAP-Landschaft zu Deinem täglich Brot gehören.

Viele ABAP-Entwickler:innen spezialisieren sich im Laufe ihrer Karriere auf einen oder mehrere Bereiche, da SAP in seiner Gesamtheit sehr komplex ist. Es gibt eine große Anzahl an Anwendungen, über die Mitarbeitende mit dem System interagieren. Um es zu erweitern, kommunizierst Du rege mit Projektmanager:innen und den Usern und nutzt für die Erweiterung meist eine der beiden ABAP Entwicklungsumgebungen: die auf Eclipse basierenden ABAP Development Tools oder die ABAP Workbench. Auch Rapid Application Development Tools (RAD) spielen für Dich zunehmend eine Rolle, weil diese Plattformen Dir Werkzeuge zur Verfügung stellen, für die Du nicht extra programmieren musst. Schnittstellen sind ebenfalls ein wichtiges Thema für Dich. Denn auch wenn andere Systeme im Einsatz sind – die zugrundeliegenden Daten kommen aus einem SAP-Backend und sollten störungsfrei in Drittanbieter-Software, Webanwendungen oder mobile Apps rüberfließen.

Eine aktuell öfter vorkommende Aufgabe für Dich als ABAP-Entwickler:in ist die Migration in die Cloud (SAP S/4HANA). Mit Deinen Skills bist Du neben der tatkräftigen Entwicklungsarbeit auch dafür prädestiniert, in einem Beratungshaus die verschiedensten Unternehmen beim Abheben in die Cloud sachkundig zu begleiten und deren Teams anzuleiten.

Viele Unternehmen setzen statt SAP zur Verwaltung ihrer Geschäftsprozesse zum Beispiel Microsoft 365, Salesforce oder Oracle ein – die kommen für Dich eher nicht infrage. Aber überall, wo SAP am Start ist, kannst Du es auch sein! In der Regel bist Du in einem IT-Unternehmen oder der IT-Abteilung eines Konzerns tätig. Deine Spezialisierung auf die SAP-Welt bedeutet nicht, dass Dich als ABAP-Entwickler:in Eintönigkeit erwartet, denn alle möglichen Unternehmen in den verschiedensten Branchen setzen SAP-Module ein und können findige Erweiterungen und Custom-Funktionen gebrauchen, die ihre Geschäftsprozesse noch treffender abbilden – Logistik und Einzelhandel ebenso wie der Gesundheitssektor, die industrielle Fertigung, das Banken- und Finanzwesen, Energieunternehmen uvm.

Obwohl SAP selbst gern sagt, dass die Lösungen auch von kleinen Organisationen eingesetzt werden können, sind sie für viele Unternehmen unter einer gewissen Anzahl an Nutzenden einfach zu mächtig und auch zu teuer. Daher wirst Du als ABAP-Entwickler:in vermutlich eher im Mittelstand und definitiv im Konzernumfeld anzutreffen sein. Oder aber Du schlägst eine Laufbahn in einem Consulting-Unternehmen ein, kommst mit unterschiedlichen Prozessen in Berührung und gewinnst im Handumdrehen die im SAP-Umfeld so wertvolle Erfahrung.

Regional gesehen, kann man sagen, dass SAP eine "urbane Sprache" ist. Das liegt daran, dass die meisten gut situierten Konzerne in großen Städten angesiedelt sind. Falls das für Dich eine Rolle spielt, wirf es gern mit in die Waagschale!

SAP an sich ist ja bereits eine Spezialisierung, die ihrerseits aber auch wieder viele Sondergebiete bereithält. In erster Linie kannst Du Dir als ABAP Developer bestimmte Module aussuchen, wobei Dir klar sein sollte, dass die am weitesten verbreiteten Module (z.B. Materialwirtschaft/MM, Vertragsabwicklung/SD oder Human Capital Management/HCM) auch die sind, für die es die meisten Entwickler:innen gibt. Hier ist die Konkurrenz am größten und die Bezahlung oft geringer, als wenn Du Dich auf Underdog-Module oder das allseits relevante und dennoch stark unterbesetzte Finance- und Controlling-System FI/CO spezialisierst.

Eine Möglichkeit, Dir eine Nische fernab der Module zu eröffnen, ist die Berichtsentwicklung. Für Deine maßgeschneiderten Reports und Analysen spielen neben ABAP auch die SAP Business Intelligence Tools (SAP BI) eine wichtige Rolle. Als Workflow Developer:in erstellst Du automatisierte Geschäftsprozesse und Arbeitsabläufe in SAP. Und mit SAP Fiori kannst Du Anwendungen nach den SAP-Designrichtlinien aus der Taufe heben.

Falls Du eines Tages keine Lust mehr hast, selbst Hand an den Code zu legen, hast Du mit Deinem Background immer noch die Chance, als Berater:in durchzustarten und Deinen arbeitstechnischen Schwerpunkt zwar zu verlegen, aber Deine SAP-Erfahrung doch gewinnbringend einzusetzen.

Um im SAP-Umfeld sinnvoll zu wirken, musst Du natürlich unbedingt verstehen, wie das System tickt und wie die für Dich relevanten Module funktionieren. Schon allein deshalb ist es von Vorteil, wenn Du betriebswirtschaftliche Prozesse einfach durchschaust – ein Wirtschaftsinformatik-Studium schadet sicher nicht.

Kleiner Tipp für Dich als Einsteiger:in: Bei SAP kommt vieles auf Erfahrung an. Deshalb bist Du gut beraten, Dich früh damit einzudecken, auch im Rahmen von Praktika. Nimm mit, was geht, es zahlt sich später aus und lebenslanges Dazulernen wird ohnehin Usus. Die kontinuierliche Weiterbildung in Sachen SAP gehört nämlich ebenso zu Deinen Aufgaben wie die Pflege Deiner Team- und Kommunikationsskills – meist auch auf gutem Englisch.